Jugendarbeitslosigkeit |
BegriffsklärungWas oder wer ist die Jugend? - Jugend ist die Phase, die auf die Kindheit folgt - Jugend ist eine Vielzahl und Vielfalt von Gruppen - Jugend wird aus soziologischer Sicht folgendermaßen definiert:
- Jugend gilt als abgeschlossen, wenn ein Individuum seine persönliche und soziale Identität gefunden hat (Indikatoren: ökonomische Selbstständigkeit und soziale Verselbstständigung) - Dauer der Jugendphase verlängert sich - es entsteht eine neue gesellschaftl. regulierte Alterstufe = Postadoleszenz - Jugendliche treten nach der Schulzeit nicht automatisch ins Erwerbsleben ein, es entsteht eine Nach-Phase des Jung-seins
Arbeitslosigkeit Psychologische Skizzen über ein anhaltendes Problem Erich Kirchler Verlag für Psychologie Göttingen 1993
Was ist Arbeit – Arbeitslosigkeit?
- in der Antike hatte körperl. Arbeit keinen sittlichen Wert, sie wurde verachtet - auch im alten Griechenland war Arbeitslosigkeit ein Privileg der Reichen & Adeligen - mit der christl. Ideologie erlangte körperl. Arbeit einen neuen Stellenwert - Arbeit wurde als Mittel zur Selbsterziehung gelobt, Voraussetzung eines sinnerfüllten Lebens, Basis jeglichen Dienstes an der Gemeinschaft - mit dem Übergang vom Spätmittelalter zur Neuzeit entstand Prozess der Umstrukturierung - mit Zunahme der Armen änderte sich die gesellschaftl. Wahrnehmung der Armut und Arbeit - es entstand „neue Sensibilität gegenüber Elend, neue Reaktionsformen gegenüber Arbeitslosigkeit“ (Foucault 1973) - mit dem Aufkommen des Bürgertums entstand Forderung nach Verpflichtung zur Arbeit - Arbeit ist Sozialisationsinstanz und über die Arbeit wird nach dem Sinn des Lebens gesucht und Selbstverwirklichung erstrebt - Arbeitslosigkeit bedeutet den Verlust gesellschaftl. Stellenwert und individueller Realisierungsmöglichkeiten
Es gibt sechs vielfältige Funktionen der Arbeit für die Persönlichkeitsentwicklung:
- im Zuge des soziokulturellen Wandels, durch Linderung der schweren finanziellen Probleme durch die Absicherung des sozialen Netzes, hat sich das Problem zunehmend „psychologisiert“ - gerade Jugendliche erfahren bereits mit jungen Jahren, dass man „ausreichend“ Geld vom Staat bekommt ohne etwas dafür zu leisten - Arbeitslosigkeit wir aber auch häufig mit Alkoholismus und Drogenkonsum wie auch mit Kriminalität in Zusammenhang gebracht Die überflüssige Jugend der Arbeitsgesellschaft Eine Herausforderung an die Pädagogik Franz Josef Krafeld Leske + Budrich Opladen 2000
Selbstorganisation und Selbstorganisation des LebenslaufsSuche nach Identität
„Die soziale Ordnung ist zerfallen. Weder in ihrer Berufsrolle, noch in den Familienstrukturen, noch in den räumlichen Strukturen ihrer Lebenswelt können die Individuen noch finden, was die Soziologen als „Identität“ bezeichnen: ein sicheres, vertrautes soziales Bild dessen, was sie sind. Sie sind auf sich selbst zurückgeworfen und müssen sich auf Wegen und mit Mitteln zu verwirklichen suchen, die nicht von vornherein feststehen.“ (Gorz 1991, S.134) „Die Aufgabe der Selbstfindung, der Ausbildung von Ich-Identität gewinnt heute gegenüber allen anderen Entwicklungsaufgaben des Jugendalters eine hervorragende Bedeutung.“ (Krafeld 2000, S. 50) Die Chancen zur Bewältigung von Erwerbslosigkeit hängen letztlich vor allem davon ab, über welche Kompetenzen- oder wie Bourdieu sagen würde- über welches soziale und kulturelle Kapital die betroffene Person verfügt. Und all das ist in ganz besonderer Weise abhängig vom jeweiligen Milieu. Alle Lebenskonzepte in unserer Gesellschaft wurzeln in Erwerbsarbeit als unabdingbare Grundlage von Lebensorientierung und Lebensverwirklichung. „Ohne Arbeit geht es nicht!“ Niemand würde dem wiedersprechen. Doch trotzdem haben wir Millionen Menschen bei denen es ohne gehen muss. Ein nicht geringer Teil von ihnen sind junge Menschen, die den entscheidenden Schritt in den ersten Arbeitsmarkt erst gar nicht schaffen oder nur mit Krisen und Brüchen. Und das oft trotz aller möglichen Vorbereitungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten. Die Betroffenen müssen aber irgendwie damit zurechtkommen. Sie haben keine Alternative, auch wenn sie lieber eine Arbeit hätten. Diese Lebenssituation ist verbunden mit materiellen Belastungen und Problemen, Abhängigkeit und fehlende Entfaltungsmöglichkeiten, sozialen, psychische und gesundheitliche Belastungen. Eines der zentralen Probleme jedes Arbeitslosen ist es irgendwie diese Zeit nicht sinnlos verstreichen zu lassen und sie auch für sich zu nutzen. Aber wie macht man das am besten? Zunehmende Tendenz jedes Einzelnen, das Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, führt nach Bergmann & Eder (1999) zum Abbau traditioneller Bindungen und zur Veränderung traditioneller Werte. Selbstverwirklichung als Umsetzung eigener Interessen und Fähigkeiten wird zum Leitbild der persönlichen Entwicklung. Jeder ist für Misserfolg und Erfolg selbst verantwortlich, Scheitern gilt jedoch als Zeichen individueller Untüchtigkeit und weniger als Folge der Umstände. Individualisierung führt zum Rückgang sozialer Kontrolle, ist aber häufig mit neuen Isolierungen verbunden. Im Gegentrend werden neue Formen der Vergemeinschaftung gebildet. Allerdings sind diese Formen als Unterstützungsfunktion bei der beruflichen Eingliederung ungeeignet, da sie häufig unklare Strukturen aufweisen.
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